Christian Kasners Fotografie
archiv
neue graeue - einzelausstellung, post tyler, koeln 2017
"nová europa" (2020)
mit seiner arbeit nová evropa beschaeftigt sich christian kasners mit den historischen hinterlassenschaften und politischen erwartungshaltungen in tschechien. in der stadtlandschaft und ihrer moeblierung, auf politischen plakaten und werbetafeln, in konsumartikeln und der nutzung des oeffentlichen raums manifestieren sich gegensaetzliche ideologische und politische vorstellungen zur idee eines vereinten europa. einen widerhall finden die fotografien in einer textarbeit, die pointiert verschiedene vorstellungen der europaeischen idee seit dem 19. jahrhundert vorstellt.
christin mueller
www.christinmueller.com/texte/in-limbo/
(en)
in his work nová evropa, christian kasners deals with political expectations and the legacy of history in the czech republic. conflicting ideological and political conceptions of the idea of a united europe are displayed on street furniture in the urban landscape, on political posters and billboards, and reflected in consumer products and in how public space is used. kasners’s photographs are complemented by a text-based work that pointedly presents the european idea in the various different forms it has taken since the nineteenth century.
christin mueller
www.christinmueller.com/texte/in-limbo/
"neue graeue" (2017)
"neue graeue" ist eine fotografische reflexion ueber das verhaeltnis von alltagswirklichkeit und politischem unter dem blickwinkel, dass politisches zu einem entschiedenen teil als durch medien uebertragen und vom alltag getrennt wahrgenommen wird.
diese trennung, die manchen diskursen folgend unueberwindbar scheint, gilt es zu hinterfragen. mittels dokumentarischer und narrativer strategien wird versucht, die latenten verbindungen zwischen den sphaeren zu verstehen und sichtbar zu machen. fotografiert werden situationen, motive und orte, die z. b. in bezug stehen zum gesellschaftlichen ruck hin zu unumgehbarer kontrolle, nach rechts und "in die koepfe" oder etwa zu phaenomenen wie normalisierung oder internalisierung (etwa von rollenbildern).
der titel der arbeit steht in bezug zum rueckschritt in weniger humane, freie und soziale gesellschaftliche umstaende aber auch zur aktualitaet vermeintlich "erledigter" themen wie aussenwerbung, kommodifikation, nationalismus oder rassismus. unvermeidbar eroeffnet er auch assoziationen zum schwarz-weiss der fotografien, welches u. a. gewaehlt wurde, um bildebenen wie werbung und den sie umgebenden raum anzugleichen. darueber hinaus wurde ueberwiegend mit einem smartphone fotografiert. teilweise aus der notwendigkeit heraus unbemerkt zu bleiben und aus inhaltlichen gruenden, um es als „gewoehnliches“ massenmedium zu hinterfragen und in ein verhaeltnis zum thema der ueberwachung, genauer gesagt, der ueberwacher und der ueberwachten zu setzen.
die buchgestaltung betont durch trennungen und rhythmus das fragmentarische und das "getaktete" der fotografie. ueber einen bestimmten teil erinnert sie stark an die eines comics.
damit werden inhaltliche aspekte wie fiktionalisierung, virtualisierung oder eskapismus aufgegriffen. es ist dies ein mittel der montage und ueberspitzung, durch welches das fotografierte teils weiter fiktionalisiert wird, aber teils auch deutlicher als realer bestandteil unserer alltagswirklichkeit hervortritt.
das festhalten am medium fotografie in einer zeit, in der ihre anwendbarkeit auf zeitgenoessische themen kontinuierlich in frage gestellt und anderen medien zugeschrieben wird, basiert auf der ueberzeugung, dass komplexe themen im alltag sichtbar sind und durch fotografische mittel ausgearbeitet werden koennen. der alltag als sphaere getrennt vom politischen, globalen und medialen existiert nicht.
(en)
"neue graeue" is a photographic reflection on the relation of the everyday and the political, taking into account the common perception of the political as being essentially transmitted via media.
this disconnection, which some argue is irreconcilable, has to be scrutinised. by applying documentary and narrative strategies the work aims at visualizing connections between the two spheres and making them tangible. the photographs consist of situations, motives and places that are related to the gradual shift to inescapable control, to the right and "into the minds" by means of normalisation, commodification or internalisation (for instance of role models).
the title is associated to this regress to less humane, free and social conditions and to the currency of allegedly settled issues like advertising, commodification, nationalism or racism. it inevitably opens up associations to the use of black and white photography throughout the work which was
chosen, e. g. to "flatten" or equalize ads and their spatial surroundings. besides the photographs were mostly taken with a smartphone. partially to remain unnoticed and to question its perception as a common mass medium, and its relation to surveillance, or more specifically the relation of the surveillant and the surveilled.
the book‘s layout puts emphasis on the fragmentary and "clocked" nature of photography and partly resembles layout used in graphic novels which, in regard of the photos’ content, alludes to aspects like fictionalization, virtualization or escapism. this is a means of montage and exaggeration which further fictionalizes the photographed, thus emerging more clearly as part of our everyday reality.
holding on to photography while its applicability to contemporary issues is repeatedly called into question and accredited to other media, is based on the conviction that highly complex issues can still be identified in the everyday and elaborated through photographic means. the everyday as a
sphere that is disconnected from the political, global or mediated does not exist.
"heute ist ein grosser tag fuer die stadt und fuer staedte ueberall in amerika. dies [das renaissance center, mittleres foto] ist ein monumentales zeichen, das fuer sich selbst spricht. unsere staedte sind in der tat lebendig und im auftrieb. es gibt keine bessere antwort fuer all die zweifler und schwarzseher." [eig. uebersetzung] -- coleman a. young, buergermeister detroits von 1974-1994 waehrend der eroeffnungszeremonie des renaissance centers im jahr 1977.
"today is a great day for our city and for cities all over america. this [the renaissance center, middle photo] is a monumental statement that speaks for itself. our cities are indeed alive and on the upsurge. there is no better answer to the doubters and the crepe hangers." -- coleman a. young, mayor of detroit from 1974-1994, during the opening ceremony of the renaissance center in 1977.
"by cars" (2016)
die ausstellung "by cars" bestand aus fotografien, die 2015 in detroit entstanden sind. fotografiert wurde sequentiell als beifahrer in einem auto auf der gratiot avenue, einer der fuenf großen avenues in detroit. sechs weitere einzelbilder bildeten eine einleitung vom eingangsbereich in den ausstellungsraum und zeigen bilder einer durch das automobil geformten stadt.
die haupthaengung ist in einem dreizeiligen block von insgesamt 44 fotografien angeordnet, wobei die unterste rechte ecke der Haengung frei bleibt. die bilder zeigen beilaeufige szenen entlang der strasse, die in eine erzaehlung ohne anfang und ende zusammenfliessen.
(en)
"by cars" consists of photos that I took in detroit in 2015. the photos were taken in sequence while co-driving in a car on another of detroit's big avenues, gratiot ave. within the exhibition six additional pictures formed an introduction from the entrance of the exhibition space to the main gallery room and show images of a city essentially shaped by the automobile.
the main body of work is hung in a three-lined block of 44 photographs leaving the bottom right corner of the hanging vacant. the images show casual scenes along the road that coalesce into a narrative without beginning nor end.
"what is not but could be if" (2013)
durch die theoretische auseinandersetzung bezueglich meiner arbeit "what is not but could be if" habe ich mir ein differenziertes verstaendnis fuer die bedeutung von technologie und speziell fuer die begriffe der medialitaet und virtualitaet erarbeitet. letztendlich handelt es sich bei medien und deren verbreitungskanaelen nicht lediglich um angewandte oder instrumentelle techniken, sondern um phaenomene, die unser verhaeltnis zur wirklichkeit und somit unseren erkenntnisprozess und unser daraus resultierendes verhalten maßgeblich beeinflussen. 1985 resuemierte wolfgang coy, dass "die erfahrungswelt des postmodernen menschen […] laengst ueberwiegend aus mittelbarer und nur noch zu einem geringem teil aus unmittelbarer erfahrung [besteht]." die "verwechselung von informationsbild und original" wuerde so zum "allgemeinen irrtum".¹ ausgangspunkt meiner fotografischen arbeit war es, solche theoretischen und abstrakten thesen im alltag zu hinterfragen.
assoziiert man den begriff der mittelbarkeit mit medialitaet, den begriff der unmittelbarkeit mit koerperlichkeit und den begriff des informationsbildes mit dem des konstruierten, erhaelt man einen einstieg in thematische aspekte der arbeit. durch form und inhalt reflektieren die bilder die verflechtung von kuenstlichem, konstruiertem, virtuellem, konkretem, physischem, alltaeglichem.
ein frueher impuls fuer meine beschaeftigung war der gedanke, dass technologie sowohl psychologisch als auch seelisch wirksam ist,² sowie das alltaegliche streben nach einem inneren gleichgewicht. ein weiterer war die frage, ob wir opfer einer entwirklichung von der welt werden, von der es, in jean baudrillards worten, unmoeglich ist "zu irgendeiner sinnlichen realitaet zurueckzugehen" oder "zu einer handlung und zu einem kollektiven willen ueberzugehen".³
¹ zitiert nach bernd flessner, "archaeologie im cyberspace", s.10 in: stanislaw lem, die entdeckung der virtualitaet, frankfurt am main: suhrkamp verlag 1996.
² vgl. stanislaw lem, summa technologiae, s. 53, frankfurt am main: suhrkamp verlag 1981.
³ jean baudrillard, die intelligenz des boesen, s.66, wien: passagen verlag 2006.
(en)
within the theoretical debate of my work "what is not but could be if", i have acquired a deeper understanding of the significance of technology and particularly media and virtuality. after all, there's more to it than its various channels and the instrumentation and techniques that are applied; ultimately it is a phenomenon that significantly influences our relationship with reality and therefore also affects our perception and consequent behaviour. in 1985 wolfgang coy had come to realize that "the experiences of postmodernist human beings [...] have long since consisted of predominantly indirect experiences and only marginally of direct experiences". hence, the "confusion between conveyed information and the original" will lead to "common misconception" [author's translation].¹ my aim, when i began the photographic work, was to question such theoretical and abstract theses in the everyday.
if you equate indirectness with mediatedness, directness with physicality, and equate conveyed information with construct, you may begin to see the issues this work deals with. on the levels of form and content the images reflect how the artificial, construct, virtual, concrete, physical and the everyday intertwine.
an initial impulse for this project was the consideration that technology can have a psychological and emotional effect on people.² another impulse was the everyday pursuit of inner balance. a third was the question whether or not we are victims of a derealization of the world, from which jean baudrillard says it will be impossible to return to any kind of sensual reality or act and form a collective will [author's translation].³
¹ cited from bernd flessner, "archaeologie im cyberspace", p.10 in: stanislaw lem, die entdeckung der virtualitaet, frankfurt am main: suhrkamp verlag 1996.
² see s. lem, summa technologiae, p. 53, frankfurt am main: suhrkamp verlag 1981.
³ see jean baudrillard, die intelligenz des boesen, p. 66, wien: passagen verlag 2006.
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